Das Schlosstheater und die Winterreithalle

Kurze Geschichte der Gebäude

Das Theater

Das Gebäude des Schlosstheaters in Valtice entstand vom Mai bis zum Oktober des Jahres 1790 unter der Herrschaft des Fürsten Alois I. Josef von Liechtenstein (1759-1805). Der Preis einschließlich Ausstattung betrug 18 000 Gulden. Dieses Bauwerk war das letzte bedeutende Bauwerk des ehrgeizigen Umbaus des Schlosses in Valtice im 17. und 18. Jahrhundert zum repräsentativen Hauptsitz der Adelsfamilie. Das Einzimmergebäude des Theaters mit dem rechteckigen Grundriss erbaute Karel Jan Rudzinsky (1751-1818), er war Beamter bei den Liechtensteinern genauso wie sein Vater, Architekt und auch Direktor der Eisenwerke in Adamov und Josefov. Sein Name ist auch mit der ersten wissenschaftlichen Forschung der Kluft Macocha im Jahre 1784 verbunden.

Die erste gefundene Erwähnung über das Theater innerhalb des Schlosses Valtice stammt bereits vom Dezember 1696. Jedoch weisen weder der Eintrag über den Einkauf einer Leinwand für das Theater noch die Angaben über die Theateraufführungen in der Zeit nach, dass es schon damals ein ständiges Theater in Valtice gab. Nichts zeugt davon, dass es sich um einen Vorgänger des heutigen Theaters an der Stelle zwischen dem Schloss und dem linken Vorschlossflügel handeln könnte. Der Vorsaal des renovierten Theaters befindet sich in der alten Presserei aus dem Jahre 1719, deren Mauerwerk und Gewölbe vermutlich die ältesten erhaltenen Teile sind.

Die erste Vorstellung in unserem Schlosstheater fand im November 1790 anlässlich des Besuchs des Kaisers Leopold II. statt.  Es handelte sich um ein „gelegentliches Singspiel“ Prometheus, der Wiener Ausdruck vom Libretto ist erhalten geblieben. Die Herrschaft saß in den Logen auf Korbsesseln mit Damastbezügen, die anderen Besucher verfolgten die Vorstellung auf Bänken. Einige Bänke waren aus Rohholz gefertigt, andere waren mit rotem Tuch bezogen. Die Bühne war mit der Bühnenmaschinerie ausgestattet, wie z. B. Wagen zum Wechseln von Kulissen, Gleitbahnen, Seilzüge, Zylinder für die Versenkung, eine Flugmaschine, eine Regenmaschine, eine Hagelmaschine, eine Donner- und Blitzmaschine, Räder für Soffitten und weitere Apparate, die ein voll funktionierendes Replikat einer Bühne enthalten muss.

Erst im Jahre 1793 ist es gelungen, das anliegende Haus des Seilers Gilbert zu kaufen und das Theater konnte um 19 Fuß (ca. 6 Meter) verlängert werden. Wahrscheinlich hatte man das von Anfang an vor. Die damals noch existierende Barvířská-Straße wurde durch das verlängerte Theater gesperrt und unter der Bühne gab es eine gewölbte Durchfahrt. Das Steinportal blieb bis heute erhalten. Das gemauerte Gewölbe des Durchgangs unter der Bühne wurde in der ursprünglichen Route erneuert und ist ein Verbindungsweg zum technischen Umfeld des Theaters. Die restlichen Häuser in der Barvířská-Straße wurden um die Jahrhundertwende des 19. und 20. Jh. aufgekauft und an ihrer Stelle wurde ein Park angelegt.

Zu Beginn wurde das Gebäude von verschiedenen Anbauten umgeben, höchstwahrscheinlich Holzlagerstätten für Dekorationen. Eines der wenigen erhaltenen wertvollen Elemente ist der einstige Haupteingang ins Theater. Er besteht aus einem halbkreisförmigen Portal, das von Pilastern mit einem Fußpunkt und einem römischen Säulenkapitell umgesäumt wird, die das durchbrochene Säulengebälk nach oben tragen. Im rechteckigen Feld über dem Eingang war ursprünglich eine Inschrift mit der Zeitangabe, wann das Gebäude entstanden ist.  Eine Säule hat die zwei Türflügel mit einem halbkreisförmigen Tympanon getrennt. Durch den linken Flügel betrat man die Logen und das Schloss, durch den rechten Flügel stieg man ins Parterre hinunter. Eine Liste vom umfangreichen Fundus von Dekorationen wurde niedergeschrieben, die leider nicht erhalten sind, da einige davon von berühmten Wiener Hofkünstlern geschaffen werden könnten. Die nicht ursprüngliche Neorokoko-Ausschmückung, die wir von einigen erhaltenen Fotos kennen, stammte aus der zweiten Hälfte des 19. Jh. und hängt möglicherweise mit dem Besuch des Kaisers Franz Josef I. im 1876 zusammen.

In den 30-er Jahren des vorigen Jahrhunderts war das Theater noch in einem relativ gut erhaltenen Zustand. Der Plan, das Theater aufs Kino umzubauen, wurde nicht realisiert, aber das Kriegsende brachte einen Untergang, der durch den Umbau auf die Traktorenstation vollendet wurde. In den 60-er Jahren wurde der Halbwalm über der hinteren Bühnenwand hinuntergetragen. Der Dachstuhl aus Holz wurde durch eine Stahldachstuhlkonstruktion mit Satteldach mit Walm ersetzt. Für die Einfahrt von Traktoren wurde die Durchfahrt in der nordöstlichen Theaterwand vom Zufahrtsweg längs der Presserei durchgebrochen. Die verwüstenden und degradierenden Eingriffe gipfelten in den 80-er Jahren des 20. Jh. durch den Bau einer Betonbühne an der Stelle des ursprünglichen Zuschauerraums und durch den Einbau eines Schornsteins im hinteren Bereich der Bühne.

Bei der Renovierung (vom April 2014 bis zum Juni 2015) wurden die Dachtuhlkonstruktionen aus Stahl hinuntergetragen und die massive Dachkonstruktion aus Holz wurde in der ursprünglichen Gestalt erneuert, mit Halbwalm und Fenstern. Die Beton- und Mauerkonstruktionen aus der Nachkriegszeit wurden entfernt und nach der Durchführung einer ausführlichen archäologischen Forschung wurde das Theater, von dem nur die Umfassungswände erhalten blieben, mit einer modernen technischen Infrastruktur, mit einem Replikat der barocken Bühnenmaschinerie ausgestattet und es erhielt die ursprüngliche Disposition. So ist eine einzigartige Theaterszene entstanden, auf der die historischen Theaterstücke wieder aufgeführt werden können und im Unterschied zu ähnlichen Schlosstheatern ist sie durch den Denkmalschutz nicht beschränkt. Die Zuschauer haben hier ein ähnliches künstlerisches Erlebnis, wie die vorherigen Generationen, dies unabhängig davon, ob sie wegen ihrem Ursprung oder der aktuellen gesellschaftlichen Stellung im Parterre, in einer Loge oder in der Galerie saßen. Die neue Gestalt des Schlosstheaters in Valtice können die Besucher im Rahmen des neuen Besichtigungsrundgangs seit Juli 2015 kennenlernen.

Winterreithalle

Im 1560 verlor der Liechtensteiner Senior das verschuldete Herrschaftsgut Mikulov und sein Nachfolger im Seniorat Hartman II. (1544-1585), der seinen Sitz in Valtice hatte (damals im niederösterreichischen Feldsberg) erwarb Lednice. Dadurch wurde ein mächtiger Aufschwung des künftigen fürstlichen Sitzes in Valtice vorgezeichnet. Im 17. und 18. Jh. wurde – oft auf den Fundamenten früherer Gebäuden – das Schloss Valtice in der Gestalt aufgebaut, die dem heutigen Zustand sehr nahe war. Bereits unter Karl I. (1569-1627) und seinem Sohn Karl Eusebius (1611-1684) entstand unter der Aufsicht einer ganzen Reihe von italienischen Baumeistern ein Palaiskomplex mit drei Höfen, umgeben von mehreren Wirtschaftsgebäuden.

Die Quellen geben an, dass es hier Pferdestallungen schon seit Anfang des 17. Jh. gab. In der Wilhelms Geschichte der baulichen Entwicklung des Schlosses Valtice wird aufgeführt, dass Andrea und Jan Křtitel Ern eine Reithalle und Gebäude um den ersten Hof herum auf dem Plateau vor dem Schlossgraben im 1643 errichteten. Die Quellen geben keine zufriedenstellende und eindeutige Antwort auf die Frage, ob das 85 Meter lange Bauwerk auf der gleichen Stelle war, wo die heutige Reithalle steht. Wahrscheinlicher scheint ihre Lage am linken Rand des heutigen westlichen Vorschlosses gewesen zu sein, d.h. im Bereich der derzeitigen oberen Pferdeställe (heutzutage das Informationszentrum). Der Grundriss des Wirtschaftshofs und seiner Gebäude stammt sicherlich aus der Zeit.

Umfangreiche Objekte für die Zucht und Aufstallung von Pferden zählten damals zur üblichen Ausstattung von Sitzen des Herrschers und der hohen Adel. Ihre Größe und Qualität bekräftigten die gesellschaftliche Stellung des Besitzers des Herrschaftsguts. Das Pferd war nicht nur ein Verkehrsmittel, ein Gefährte im Kampf und bei der Jagd, es war eines der bestimmenden Phänomene des damaligen Lebensstils des Hofs und der Adel. Wir möchten daran erinnern, dass die ruhmreichen Pferdezuchten in Lipice und Kladruby schon im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts entstanden sind und dass in derselben Zeit die Spanische Hofreitschule in Wien gegründet wurde. Die Dressur war kein bloßer Zeitvertreib. Vom Gehorsam des Pferdes und seiner Verbindung mit dem Reiter war oft das Überleben im Kampf abhängig. Bereits unter dem Kaiser Maxmilian II. entstanden bei den Hofsitzen sehr umfangreiche Objekte für die Zwecke der Pferdezucht und die hohen Adel folgten dem Vorbild des Herrschers. Das „Schloss der Pferde“ in Lednice ist der beste Nachweis über die damalige Pflege um Pferde ebenso wie der noble Pferdestall des Prager Valdštejnský palác (Wallensteinpallais), in dem zurzeit die Obere Kammer des Tschechischen Parlaments tagt. Der bereits erwähnte Karl Eusebius wird für den Gründer der Pferdezucht im Haus Liechtenstein gehalten. Jedoch feste Fundamente legte bereits sein Vater Karl I. vielleicht dadurch, als er durch seine Heirat mit dem Herrschaftsgut Úsov auch die Pferdezucht der Herren von Boskovice erwarb. Von der Zeit des Karl Eusebius sind zahlreiche Konsultationen über die Pferdezucht und über den Austausch und Einkauf von Pferden mit einer ganzen Reihe der bedeutenden Adelsfamilien nachgewiesen. 

Im zweiten Jahrzent des 18. Jh. entstanden im Valticer Vorschloss die oberen Pferdeställe und der spanische Pferdestall. Gemäß den Schlussfolgerungen von der historischen Untersuchung wurde zwar der Umfang des Valticer Vorschlosses (Wirtschaftshof) schon früher bestimmt, jedoch wurde seine bisher existierende Gestalt mit dem Dreiachsenportal, den Pferdeställen und der Winterreithalle nach der Ankunft des Fürsten Anton Florian (1656-1721), Höfling vom Kaiser Karl VI. und seines Architekten Anton Ospel erbaut. Die in der Längsrichtung überdachte Reithalle hatte damals vermutlich zwei Sattelkonstruktionen mit einer Dachkehle in der Mitte. Wesentlich wurde der Dachstuhl im Jahre 1871 geändert, als der Dachstuhlaufsatz ein Mansardendach bildete, das gerade so hoch war, damit die Aussicht auf das Schloss in Mikulov und den Kamm von Pálava nicht gehindert wird.

Das jüngste Bauwerk, das den Wirtschaftshof vor dem Schloss eingrenzt, ist die Verbindung der Reithalle und des Schlosses, die um die Hälfte des 19. Jh. gebaut wurden. Um die Jahrhundertwende des 19. und 20. Jahrhunderts wurden die Wände der Terrasse und der Brunnen hergerichtet. Auf der Terrasse längs der oberen Pferdeställe waren damals eine Schmiede und Lagerräume. Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Winterreithalle als Trockenraum für Tabak genutzt. Eine Trockenmaschine wurde dort installiert, der Boden wurde betoniert und ein Kesselraum wurde eingebaut.  Seit dem Jahr 1970 wurde eine stufenweise Erneuerung aufgenommen, die vom Gesichtspunkt des Denkmalschutzes aus in manchen Hinsichten problematisch ist.

Das Vorhaben der neulich abgeschlossenen Renovierung der Reithalle ist im Wesentlichen die Rückkehr in die Gestalt vom 18. Jh. Gleichzeitig wurde hier ein voll funktionsfähiger Raum für die Veranstaltung von Kultur- und Gesellschaftsereignissen mit der entsprechenden technischen Ausstattung errichtet. Nach der durchgeführten archäologischen Forschung fand eine komplette Renovierung des Bodens statt. Gemäß den erhaltenen Fragmenten wurde der Boden mit Holzplanken auf einem Balkenrost belegt. Ein ähnlicher Boden ist zum Beispiel im Vladislavský sál (Wladislav-Saal) auf der Prager Burg erhalten. Das Gebäude wurde entsprechend für den Komfort und die Sicherheit der Besucher ausgerüstet. Ein Teil der Technologie wurde unter dem Boden installiert, einen anderen Teil verstecken die Lambrequins entlang der Wände, die die ursprüngliche Funktion dieses Raums evozieren sollen. Unter dem Niveau des Wirtschaftshofs wurde ein neues Gebäude errichtet, in dem die technischen Anlagen untergebracht sind. Die defekten Teile des historischen Dachstuhls und die Dachhaut wurden erneuert.

Die anschließenden Arbeiten in den sonstigen Objekten werden die gesamte Renovierung des Wirtschaftshofs vollenden, um ihn für die Veranstaltung von Kultur- und Gesellschaftsereignissen im Freien nutzen zu können und dabei eine vollwertige Alternative für Regenwetter in der historischen Winterreithalle zu haben. Zusammen mit den Räumen des Spanischen Pferdestalls, mit der Galerie über der Reithalle, mit dem Salon und Betriebsräumen im Souterrain des anliegenden Gartenhauses stellt die Reithalle einen Multifunktionskomplex dar, der die anspruchsvollen Anforderungen der Gäste sowie der Veranstalter erfüllen kann. Die Fläche des Saals der Reithalle ist knapp zwölfhundert Quadratmeter groß und dem entspricht auch seine potentielle Kapazität.