Kurze Geschichte des Schlosses Valtice

Valtice (deutsch Feldsberg) war bis Ende des 1. Weltkriegs ein Teil von Niederösterreich. Zum Anschluss an die Tschechoslowakische Republik kam es durch den Staatsvertrag von Saint-Germain-en-Laye unweit von Paris am 10. September 1919. Der Vertrag ist seit 9. August 1920 in Kraft,  die Übernahme von Valtice durch die neu gegründete Tschechoslowakei fand am 31. Juli 1920 statt.

Die erste bekannte urkundliche Bemerkung über Valtice (damals geschrieben als Veldesperch) stammt vom 10. Januar 1193. Der Kaiser Heinrich VI. bestätigte damals den Austausch von Valtice zwischen dem Passauer Bischof Wolfger und dem neuen Erwerber Wichard von Seefeld in einer Urkunde im bayerischen Regensburg. Bereits vor diesem Datum stand in Valtice ein befestigtes Bauwerk, wahrscheinlich mit Wällen aus Erde und Holz und vielleicht auch mit einem gemauerten Wohnungskern. Die neuen Inhaber von Valtice, die Seefelder, zählten zu den führenden Ministerialen der österreichischen Herzöge und nahmen erblich das Amt  der Obertischbediener (in den historischen Urkunden wird das Amt maior dapifer genannt) ein.  Wichards Sohn Kadold baute wahrscheinlich die Burg von Valtice in die spätromanische Gestalt um, wahrscheinlich erbaute er hier den polygonalen Turm und machte von der Burg auch einen Ort, wo Turniere und Spiele stattfanden. Wir schätzen das nach dem Zeugnis des berühmten Minnesängers Ulrich von Liechtenstein, der die ritterlichen Lanzenspiele in Valtice in der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts in seinem Lied Komposition umfangreich beschreibt.  Der Letze von den männlichen Nachkommen des Geschlechts Seefeld war Albero von Feldsberg, der Zeitgenosse von Přemysl Ottokar II. Vor Alberos Tod wurde das Minoritenkloster vor dem südwestlichen Stadttor gegründet, das während der Hussitenkriege vernichtet wurde. Die Gebäude wurden später durch die Franziskaner auf Initiative von Jan Kapistran erneuert, jedoch wurden sie schwer durch die türkischen Streifzüge im Jahre 1529 beschädigt. Während der Zeiten der Reformation wurde das Kloster verlassen und stufenweise auseinandergenommen. Eine wichtige Roll spielte dann der Konvent der Barmherzigen Brüder.

Am Anfang des 14. Jh. war Valtice im Besitz der Geschlechter der Rauhensteiner und Kuenringer, die bald ihren Anteil an die Pottendorfer verkauften. Zwischen den Jahren 1387 bis 1391 gelang es den Liechtensteinern, das geteilte Herrschaftsgut zu vereinigen, Valtice blieb in ihrem Besitz bis zur Konfiskation im Jahre 1945. Nach dem stürmischen 15. Jh., nach dem Plündern durch Hussiten und nach den tschechisch-ungarischen Kriegen unter der Herrschaft von Jiří von Poděbrady und Matthias Corvinus fand auch Valtice unter Hartman I. von Liechtenstein (1506-1540) eine Erneuerung und Prosperität. Ein mächtiger Impuls für die Entwicklung des Schlosses Valtice war der Verlust des Familienvermögens im nahen Mikulov (1560). Zur Burg wurde ein Renaissance-Vierflügelgebäude mit einer Arkaden-Loggia angebaut, deren ungefähre Gestalt wir von einigen Zeichnungen kennen. Ein Teil dieses Bauwerks ist in den Fundamenten des südwestlichen Schlossflügels erhalten geblieben. Das gemischte Mauerwerk war ungefähr zweieinhalb Meter dick. Unter Karl I. von Liechtenstein (geb. 1569, er herrschte in den Jahren 1595-1627) wurde der erweiterte Sitz weiter befestigt, wahrscheinlich im Zusammenhang mit der drohenden türkischen Gefahr. Im 1599 konvertierte Karl I. vom Protestantismus zum Katholizismus, danach wurde er der oberste Hofmeister beim Kaiser und später der tschechische Vizekönig. Im 1608 erwarb er den Fürstentitel und im Jahre 1614 den Titel Herzog von Opava. Während der Güterbeschlagnahme nach der Schlacht am Weißen Berg erweiterte er das Familienimperium wesentlich. Bis zu seinem Tod wurde das Schloss Valtice umfangreich umgebaut. In den 20-er Jahren des 17. Jh. beteiligte sich daran auch der Kaiserarchitekt in Wien, der Venediger Manierist Giovanni Battista Carlone und auch Giovanni Mario Filippi, mit dessen Namen einige Bauwerke vom Rodolfiner Prag verbunden sind.

 

Unter dem Karls Sohn Karl Eusebius (1627-1684) setzte der barocke Umbau des Sitzes fort, zuerst unter der Leitung von Giovanni Giacomo Tencalla, der kurz nach dem Einsturz vom Gewölbe der neuen Pfarrkirche abberufen wurde, und später unter der Leitung des Brünner Baumeisters Ondřej Erna und seines Sohnes Jan Křtitel. Ihre Werke waren zum Beispiel die Bauwerke um den ersten Hof herum.  Der Sohn des Fürsten Karl Eusebius, ein weit gereister Diplomat und die Graue Eminenz des Wiener Hofs Jan Adam Ondřej (1662-1712) entwickelte die barocke Gestalt des Schlosses weiter. An dem Bauwerk arbeiteten damals weitere zwei Baumeister aus der Dynastie Tencall und eine ganze Reihe von Brünner und Olmützer Handwerker. Im 1712 trat die Regierung der Fürst Anton Florian (1656-1721) an, ein selbstbewusster spanischer Grande, der oberste Hofmeister und Stallmeister des Kaisers Karl VI. Er begann die weitere Umbauphase der Valticer Residenz unter der Leitung des Architekten Anton Johann Ospel (1677-1756). Zuerst, vermutlich wegen Repräsentation des obersten Stallmeisters vom Kaiser, wurden die mit der Pferdezucht zusammenhängen Gebäude umgebaut: zuerst die Winterreithalle (1713-1715), anschließend der Spanische Pferdestall und die Kutschenhallen. Symmetrisch sind in dem gegenüberliegenden Flügel Wirtschafts- und Verwaltungsräume und Keller für die Verarbeitung und Aufbewahrung von Wein seit dem Jahr 1716 entstanden. Edle Portale im Vorschloss zeugen von der Kunst des fürstlichen Bildhauers Franz Biener (1682-1742). Der Aufmerksamkeit der Besucher sollten auch seine Holzsäulen zu den Pferdestallkojen nicht entgehen, die heute eine wertvolle und einzigartige Ausschmückung des Informationszentrums für Touristen bilden. Im Jahre 1715 wurde der obere Stock des Palastes niedergerissen und die Räume wurden modernisiert und hergerichtet, vermutlich  bis zum Jahre 1720. Dabei wurde eine neue Wasserleitung im Gebäude installiert. Die wichtigste urbanistische Spur Ospels ist der neu entworfene „Triumphweg“. Der Haupteingang in das Schloss sollte auch weiterhin der Querachse entlang sein, durch das Residenztor vom Hauptplatz, das im klassizisierenden Stil im Jahr 1724 beendet wurde. Der Fürst Josef Johann Adam (1690-1732) setzte das großzügige Repräsentationsprojekt seines Vaters nicht fort, er konzentrierte sich eher auf den privaten Bereich und insbesondere die Interieurs. In seinen Diensten wirkte unter anderem der berühmte italienische Dekorateur Antonio Beduzzi (1675-1735), dessen Werk in Valtice insbesondere in den Dekorationen des Innenhofs, der Fassaden, der Innenräume und in der herrlichen Kapelle mit der wertvollen Orgel des Wiener Meisters Walther erhalten blieb. Unter dem Fürsten Josef Václav (1696-1772) wurde der Umbau des Schlosses beendet (das war in den Jahren 1744-1745). Dieser Diplomat (er vertrat die Monarchie in Berlin und Paris) und Militärstratege (er wird für Vater der modernen österreichischen Artillerie gehalten) ernannte Anton Erhort Martinelli (1684-1747) zu seinem neuen Hofarchitekten, der die Innenräume und Außenfassaden beendete. In der Zeit wurde die alte Burg abgerissen und an ihrer Stelle entstand ein Park.  Damals erlebte der Fürst Josef Václav auch den Gipfel in seiner Kariere beim Militär: als Feldmarschall siegte er im 1746 in der Schlacht bei Piacenza und so half er der Maria Theresia das bedrohte Erbe zu verteidigen. Nach Valtice kam der Fürst vor allem im Sommer zur Erholung. Die Repräsentationsfunktion übernahmen stufenweise die Wiener Residenzen der Familie in der Bankgasse und in Rossau.  In den Jahren 1788-1790, unter dem Fürsten Alois I. Josef (1759-1805), wurde am linken Vorschlosstrakt das Theater angebaut. Im Jahre 1805, wahrscheinlich mit Beitrag des Architekten Josef Hardtmuth, wurde der große zweigeschossige Saal im südlichen Flügel in mehrere kleinere Gemächer umgewandelt.

Der Bau vom Netzwerk der Bauwerke des Parkareals Lednice-Valtice in den ersten Jahrzenten des 19. Jahrhunderts betraf das Gelände des Schlosses Valtice nicht mehr, aber die berühmte Enfilade im Schloss war schon damals ein beliebtes Touristenziel (die Besucher können sich sie beim Hauptrundgang bis heute ansehen). Das Parkareal Lednice-Valtice, so wie es bis heute erhalten geblieben ist, entstand unter der Herrschaft des Fürsten Jan I. Josef (1760-1836), der nicht nur als Valticer Bauträger sondern auch als Feldmarschall und Kavalleriekommandant in den Napoleonischen Kriegen berühmt wurde. Aus dieser Zeit stammt ein Teil der Ausschmückung von Sälen, Wandverkleidung aus dem künstlichen Marmor sowie Brokattapeten. Unter der Herrschaft des Fürsten Jan II. (1840-1929) und seinem Architekten Karl Weinbrenner entstand nach dem Anlegen eines Parks gegenüber der abgekauften und niedergerissenen Barvířská-Straße die sog. Sala Terrena, die dank ihrer neobarocken Vollkommenheit lange Jahre durch die Kunsthistoriker falsch zurückdatiert wurden und dem berühmten barocken Baumeister Fischer von Erlach zugeschrieben wurde.

Am Ende des  2. Weltkriegs wurde das Schloss von den russischen Gefangenen verwüstet, die hier auf ihre Repatriierung warteten. Nach dem Einzug der Roten Armee wurden sie als Feinde erschossen. Nach dem Krieg wurde ein Teil des Mobiliars nach und nach gestohlen und vernichtet und in der Mitte des Jahres 1947 wurde im östlichen Vorschlossflügel ein Zwangsarbeitslager für Frauen errichtet. Die gefangen gehaltenen Frauen arbeiteten vor allem in den Gutshöfen und in den Weinkellern. Das gesamte Schloss innerhalb der Sichtweite vom „Eisernen Vorhang“ wurde zur Zeit der kommunistischen Totalitätsmacht laufend verwüstet und für die Fertigung, Werkstätten und Transport genutzt. Eine ganze Reihe von Lagern und Betrieben war im Hauptgebäude, in der Reiterhalle war ein Trockenraum für Tabak und im Jahre 1964 wurde das Theater abgebaut und in dem Raum war eine Garage für Traktoren.

Eine allmähliche Erneuerung des Schlosses begann im Verlaufe der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts und setzt sich bis heute fort. Eine ganze Reihe von Räumlichkeiten muss noch renoviert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Im Jahre 2014-2015 wurde die Reithalle dank den EU-Fördermitteln und den Bemühungen des Landesinstituts für Denkmalpflege großzügig erneuert. In den ursprünglichen historischen Umfangswänden wurde ein Replikat eines spätbarocken (klassizistischen) Theaters angefertigt. Im Jahre 2016 wurden der Öffentlichkeit zum ersten Mal die privaten Gemächer der Liechtensteiner Prinzessinnen im ersten Stock des Schlosses vorgestellt. Dort wird die einmalige Sammlung von Familientheatern aus dem Vermögen des Mährischen Landesmuseums ausgestellt.

Die Funktion einer Residenzstätte und die Ambitionen der Inhaber schufen im Verlaufe der Jahrhunderte einen mächtigen Sitz, der genügend Raum für den fürstlichen Hof bot und gleichzeitig das Prestige der Fürsten von Liechtenstein zum Ausdruck brachte, einer der mächtigsten Adelsfamilien in der Donau-Region. Die Bedeutung vom gesamten Schlossgelände einschließlich der Landschaft und Bauwerke in der Umgebung ist so groß, dass ihnen der Titel Weltkulturerbe von UNESCO im Jahre 1996 verliehen wurde.